Überblick über Herrscher in Böhmen
Die Přemysliden waren das böhmischen Herrschergeschlecht, welches vom 9. Jh. bis 1306 mit Unterbrechungen die Macht in Böhmen ausübten.
Vratislav II.
* um 1035; † 1092
... war ab 1061 Fürst und ab 1085 als Vratislav I. König von Böhmen und zwischen 1076 und 1081 Markgraf der Lausitz. Er war Verbündeter vom deutschen Kaiser Heinrich IV. und half diesem bei der Besiegung des aufständischen sächsischen Adels. Wiprecht von Groitzsch war sein Schwiegersohn.
Wenzel I. Přemysl (Václav I.)
* um 1205; † 1253
... war von 1230 bis 1253 König von Böhmen. Er förderte die Ansiedlung von Deutschen, modernisierte die Landwirtschaft und den Bergbau. In seiner Herrschaftszeit begann eine Welle der Stadt- und Klostergründungen. Er förderte den Zisterzienserorden.
Die Oberlausitzer Grenzurkunde zwischen dem Königreich Böhmen und dem Bischof von Meißen wurde am 7. Mai 1241 auf dem Königstein i. Sa. vom König Wenzel I. unterzeichnet. Sie grenzte die Besitzungen der Mark Meißen von der damals böhmischen Oberlausitz ab.
Přemysl Ottokar II.
* um 1232 † 1278
... war von 1253 bis 1278 König von Böhmen. Er war auch Herzog von Österreich, der Steiermark, Kärnten und Krain. Er hatte damit die größte Herrschaft eines Přemysliden und er bewarb sich auch mehrmals um die Reichskrone.
Er war bekannt als der Förderer der städtischen Siedlungen, ihm werden über dreißig Gründungen von Städten zugesprochen darunter Zittau, Aussig, Kuttenberg, Budweis, Melnik, Pisek, Brüx und Kaaden.
Johann von Luxemburg
* 1296 in Luxemburg † 1346 Schlacht von Crécy
... auch später Johannes der Blinde genannt, Sohn des Kaisers Heinrich VII., war von 1311 – 1346 König von Böhmen. Er war ein berühmter Turnierheld und befriedete das Land nach einer Zeit der Wirren von 1306 – 1310 nach dem Ende der Přemyslidenherrschaft. Er begründete die Dynastie der Luxemburger auf dem böhmischen Königsthron.
Karl IV.
* 1316† 1378
... geboren als Wentscheslaw, war 1346 deutscher König, 1347 bis 1378 König von Böhmen, 1355 König von Italien und ab 1355 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Karl war Sohn von Johann von Böhmen und Luxemburg und der bedeutendste Herrscher im Spätmittelalter. Er schuf durch geschickte Diplomatie und Heiratspolitik ein stabiles Herrschaftssystem und damit eine relativ friedliche Zeit für Mitteleuropa. Die bekannteste Regierungshandlung Karls war die Verabschiedung der Goldenen Bulle im Jahr 1356. In ihr wurde die Wahl des deutschen Königs geregelt und war sozusagen das „Grundgesetz“ des Reichs bis zu seiner Auflösung 1806. In der Zeit entstanden zahlreiche repräsentative Bauten in Böhmen.
Wenzel von Luxemburg(der Faule)
* 1361 † 1419
... war seit dem Kindesalter 1378 bis zu seinem Tod 1419 als Wenzel IV. König von Böhmen und von 1376 bis zu seiner Absetzung 1400 römisch-deutscher König. Seine beide Ehen blieben kinderlos. Schon vor 1400 gab es Machtkämpfe in der Familie, mit seinen Brüdern Johann und Sigismund sowie dem Cousin Jobst von Mähren. Durch seine Politik kam es immer mehr zu Adelsrevolten gegen ihn.
Im August 1400 beschlossen vier Kurfürsten auf der Burg Lahneck die Absetzung von Wenzel IV als Deutscher König und wählten Ruprecht von der Pfalz als neuen König. Die Verschlechterung der Wirtschaftslage, die ständigen Adelsfehden und der aufkommende Nationalismus besonders unter dem niederen Landadel förderten die tschechische Nationalbewegung unter Jan Hus.
Sigismund von Luxemburg
* 1368 † 1437
... war der Bruder von Wenzel IV.
Von 1378 bis 1388 war er Kurfürst von Brandenburg, von 1411 bis 1415 König von Ungarn, seit 1387 von Kroatien, ab 1411 deutscher König und seit 1419 König von Böhmen und deutscher Kaiser.
In seine Herrschaftszeit fielen der Konzil von Konstanz und die Hussitenkriege. Eine später weitreichende Entscheidung traf er mit der Belehnung und dem Verkauf der brandenburgischen Kurwürde an Friedrich von Hohenzollern.
1419 floh Sigismund vor den Hussiten aus der Prager Burg und rief zum Kreuzzug auf.
Nach den Hussiten war zwar offiziell Kaiser Sigismund wieder Herrscher in Böhmen aber konnte sich praktisch nicht durchsetzen. Nachdem er ohne männlichen Erben gestorben war kam sein Schwiegersohn Herzog Albrecht von Österreich 1437 auf den Böhmischen Thron. 1439 folgte ihm sein einjähriger Sohn Ladislaus Podemus unter Regentschaft des Kaisers auf dem Thron.
Georg von Podiebrad
* 1420 † 1471
Georg entstammte dem mährischen Adelsgeschlecht von Kunstadt, dem Podiebrader Familienzweig.
Nach dem Tod Albrechts II. 1439 war Böhmen in die Österreichische Partei und die Kalixtinische Nationalpartei gespalten. 1448 wurde Georg als Landesverwalters gewählt. Im Jahr 1451 ernannte Kaiser Friedrich III. ihn zum Landesmarschall von Böhmen und die Stände wählten ihn im selben Jahr zum Landesverweser.
1458, nach dem Tod von Ladislaus Postemus, wählten die Böhmischen Stände Georg zum König.
Im Vertrag von Eger 1459 legten der sächsische Kurfürst Friedrich, der Herzog Wilhelm von Sachsen und Georg von Podiebrad die Grenze zwischen Böhmen und Sachsen auf der Höhe des Erzgebirges fest, die noch heute größtenteils gültig ist.
Am Ende der Königsherrschaft von Georg Podiebrad verzichtete dieser auf die Vererbungsansprüche zugunsten der Jagillonen. Nach ihm kam es zu einer Doppelherrschaft zwischen Vladislav II. und dem Ungarnkönig Matthias Corvinus, der in Teilen Mährens, Schlesien und der Oberlausitz als böhmischer König herrschte.
Nach dem Tod des letzten Jagillonenkönigs Ludwig von Böhmen und Ungarn in der Schlacht gegen die Türken bei Mohacs fiel die Böhmische und Ungarische Krone an den Habsburger-Kaiser Ferdinand I. und blieb mit der Unterbrechung 1619/1620 bis 1918 in der Hand der Habsburger.
Personen von nationaler Bedeutung
Jan Hus
* um 1370 in Husinec bei Prachatice; † 6.7.1415 in Konstanz
... war ein böhmischer christlicher Theologe und Reformator und 1409/1410 Rektor der Karls-Universität in Prag. Er propagierte die Reformierung der katholischen Kirche unter anderem auf der Basis der Lehren von John Wyclif. Volksnah predigte er in tschechischer Sprache.
Hus hatte einen großen Einfluss auf eine beginnende tschechische Nationalbewegung. Da er auf dem Kirchenkonzil in Konstanz seine Lehren nicht widerrufen wollte, wurde er als Ketzer verbrannt.
Nach seinem Tod nahm die nach ihm benannte revolutionäre Bewegung ihren Aufschwung. Durch die Hussitenkriege und Kreuzzüge gab es über 20 Jahre Bürgerkrieg in Böhmen und Mähren. In Tschechien gilt Hus als „Nationalheiliger“ und der Todestag 6. Juli ist staatlicher Feiertag.
Jan Žižka von Trocnov
* um 1360 † 11.10.1424 war der bedeutendste Heerführer der Hussiten in den ersten Jahren der Hussitenherrschaft. Jan Žižka entstammte wahrscheinlich einer verarmten südböhmischen Adelsfamilie. Ab 1390 stand er im Dienst des böhmischen Königs als Burghauptmann. Er sammelte kriegerische Erfahrungen u.a. in der Schlacht von Grunwald im Dienst des polnischen Königs.
Als Anhänger der Hussiten befehligte er die Eroberung der Macht in Prag. Später zog er nach Tabor und war der wichtigste Feldhauptmann. Er wird in manchen Quellen über die Hussitenkriege als blind bezeichnet, war jedoch anfangs einäugig und wurde 1421 nach einer Verwundung vor Rabi blind. In seiner Zeit als Feldhauptmann verlor er keine Schlacht. 1424 starb er bei einem Feldzug in Mähren an der Pest.